Ein Dorf in Rheinland-Pfalz im Rausch der Seltenen Erden

Ein Dorf in Rheinland-Pfalz im Rausch der Seltenen Erden

Ein Dorf in Rheinland-Pfalz im Rausch der Seltenen Erden

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In einem Dorf in Rheinland-Pfalz wird seit Freitag nach Seltenen Erden gegraben. Die Vorkommen könnten Milliarden Euro wert sein. Auch andere Regionen in Deutschland machen sich Hoffnungen.

Waigandshain im Westerwald. Fünf Straßen, zwei Dutzend Einfamilienhäuser, eine Bushaltestelle. An der Bundesstraße wirbt eine Pension mit einem Zimmerpreis von 13,50 Euro. Trotzdem ist der Parkplatz leer.

Die einzige Vergnügungsmöglichkeit im Ort war die Kneipe "Zur Zicke" – seit zwei Jahrzehnten geschlossen. Eine Touristenhochburg ist das hier nicht. Doch tief unter der öden Oberfläche ist Waigandshain ein Ort von Weltrang.

Das glaubt zumindest ein Bergbauunternehmen, das hier die einzige nennenswerte Lagerstätte sogenannter Seltener Erden in Mitteleuropa ausgemacht haben will.

Sitzt Waigandshain auf einem großen Schatz?

Jener seltsamen Metalle, die in Kleinstmengen für die Produktion von Hightechgeräten verwendet werden und deshalb weltweit nachgefragt sind. Nun soll er gehoben werden.

Bodenschätze für 1,5 Milliarden

Die Explorationsbohrung soll dabei im Grunde nur bestätigen, was bereits bekannt ist: Unter Waigandshain lagern rund 8000 Tonnen Niob und 38.000 Tonnen Seltener Erden. Eine Lagestätte mit einem aktuellen Marktwert von etwa 1,5 Milliarden Euro.

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Die Lizenzen zum Abbau hält ein kleines Unternehmen aus Heidelberg: die Deutsche Rohstoff AG. Das Start-up wurde von den Geschäftspartnern Thomas Gutschlag und Titus Gebel gegründet. Ihre Idee, die beide zu sehr reichen Männern machen könnte, war es, die geologischen Unterlagen aus der Nachkriegszeit auszuwerten.

Im Bestreben nach einer weitreichenden Rohstoffautarkie hatte der Staat seinen Grund und Boden systematisch durchlöchert und alle Bodenschätze sorgsam kartiert. Ein immenser Wissensschatz, der den großen Bergbaufirmen westlicher Nationen bis zum Fall der Mauer versperrt blieb – und danach in den Archiven versandete.

"Bislang erwiesen sich die Messdaten als recht genau", sagt Gutschlag. "Wir müssen im Grunde nur noch mal nachbohren."

Probebohrungen seit Freitag

 

Seit diesem Freitag tut das Unternehmen dies nun zwischen Waigandshain und Emmerichenhain. Dorthin hatte es bereits in den 70er-Jahren einen Bohrtrupp der SDAG Bochum auf der Suche nach Uranvorkommen verschlagen. Doch was die Geologen in den Bohrkernen fanden, waren leichte Seltene Erden, wie Cer, Lanthan oder Praeseodym, und schwere, wie Europium und Yttrium.

Metalle, die auch heute kaum ein Mensch kennt und die es fast nirgendwo zu kaufen gibt. Außer in China, das rund 95 Prozent der Weltproduktion bestreitet – und entsprechende Preise verlangt.

Nun blasen die Rheinländer zum Angriff auf das Reich der Mitte. "150 bis 200 Arbeitsplätze", stellt sich Verbandsbürgermeister Geritt Müller bereits vor, könnte der Bergbau nach Rennerod bringen. Ein Förderturm würde neben der Breitenbachtalsperre  in die Höhe gezogen.

Die Stadt Rennerod, zu der Waigandshain gehört, hat schon mal eine 20 Hektar große Landschaftsfläche reserviert. Hier soll der Industriekomplex zur Aufbereitung der Seltenen Erden entstehen, die sich leider mit einer Konzentration von nur 0,5 Prozent im Erdreich verteilen.

Fördern statt importieren

Bürgermeister Raimund Schawart hofft hier, dass eines Tages bis zu 1000 Bergleute einfahren könnten. "Der Bergbau in Deutschland erlebt eine Renaissance", sagt Volker Steinbach, Abteilungsleiter bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und zuständig für die Deutsche Rohstoffagentur.

Deutschland importiere jährlich Rohstoffe für 110 Milliarden Euro; das Material aus eigener Förderung und Recycling bringe es nur auf einen Wert von 28 Milliarden. "Dennoch ist es eine verbreitete, aber falsche Wahrnehmung, dass wir in einem rohstoffarmen Land leben", sagt Steinbach.

Deutschland sei ein traditionell bedeutender Produzent beispielsweise von Kali, Steinsalz und Braunkohle. Auch die heimische Bauindustrie decke ihren Bedarf an Kies und Sand zu hundert Prozent im eigenen Land.

Was den Metallerzbau zu einem riskanten Unterfangen macht. Denn selbst diese bodenständige Branche unterliegt einem gewissen Zyklus. Schon Anfang der 70er warnte der "Club of Rome" vor der Endlichkeit der globalen Rohstoffreserven. Was manche zu einer ressourcenschonenderen Lebensweise bewog – und viele Investoren für Explorationsprojekte in aller Welt begeisterte.

In den 80ern entspannten sich die Rohstoffmärkte daraufhin merklich, in den 90ern eröffneten sich zudem die gewaltigen Bodenschätze Russlands. Bergbau auf Metallrohstoffe schien sich in Deutschland nicht mehr zu lohnen.

Schwellenländer holen auf

Reihenweise wurden Förderstätten geschlossen, weltweit bedeutende Rohstoffunternehmen wie die Preussag oder die Metallgesellschaft verlegten sich auf andere Geschäftszweige. Und das zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, denn bald darauf setzte ein neuer Boom ein, ausgelöst durch den Aufstieg der Schwellenländer, die mit ihrem enormen Wachstum die Rohstoffmärkte leer fegten. China verbrauchte im Jahr 2000 noch keine zwölf Prozent der weltweit produzierten Basismetalle. 2009 waren es 40 Prozent.

Nun kehren die Erzschürfer zurück. Allerdings nicht nur in Deutschland. Weltweit werden derzeit Rohstoffreserven exploriert und aufgeschlossen. Auch solche für Seltene Erden, die so selten gar nicht sind. Es gibt riesige Lagerstätten wie die im kalifornischen Mountain Pass, wo bis vor einigen Jahren in großem Stil gefördert wurde, bis China den Weltmarkt mit billigen Erden überschwemmte und der Abbau nicht mehr lohnte.

Nun haben die Ostasiaten die Exportquote reduziert, und prompt zieht auch das Explorationsgeschehen an. Anfang vergangenen Jahres wurde weltweit an 270 Orten nach Seltenen Erden gebohrt. Nun gibt es schon 400 Erkundungsprojekte. Afrika, Grönland, Russland, Kanada – und nun auch in Nordsachsen. "Die Statistik weltweiter Explorationsprojekte zeigt, dass sich aber letztlich bei nur fünf bis zehn Prozent der Projekte ein Abbau als wirtschaftlich erweist", sagt Volker Steinbach. Es könnte also eng werden für Waigandshain.

Bürgermeister von Waigandshain bleibt Optimist

Bürgermeister Ernst Theo Jung ist trotzdem fest überzeugt, dass der Schatz von Waigandshain gehoben wird. "Ob in fünf Jahren oder vielleicht erst in zwanzig – irgendwann wird es zum Abbau kommen!"

Und tatsächlich ist der Bergbauboom im Kleinen schon angekommen, wenn auch nur bei einem Gewerbebetrieb im Nachbarort: "Bei mir ist voll", verkündet Erika Ziegler durch die halb geöffnete Eingangstür ihrer Pension. Hinter ihr küsst sich ein unbekleidetes Paar im Mondschein, gemalt mit 3-D-Effekten.

In den vergangenen Jahren hat Ziegler ihre sechs Zimmer gut ausgelastet mit den Leuten von Q-Cells und anderen Solarfirmen aus dem nahen Wiesbaden. Dass von dort zuletzt schlechte Nachrichten kamen, muss die 72-jährige nicht sorgen. Denn seit dieser Woche sind die Bohrer da. "Sie haben vier Zimmer gebucht. Ganz nette Leute", freut sich die Wirtin. "Es geht immer weiter."

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Die einzige Sorge tragen allerdings die Freizeitangler des ortsansässigen Angelvereines. Dort zeichnete sich schon seit längerer Zeit ein unbekanntes Phänomen bei den Fischen ab. Einige der gefangenen Forellen zeigten eine deutliche Kupferfärbung und einen leichten Geschmack nach Meersalz. Auch berichteten Angler darüber, dass bei Regen und Temperaturen unter 8 Grad, das Beißverhalten der Fische stark zu wünschen übrig lässt.

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Das haben die Angler zuletzt drastisch beim Großforellenangeln erleben müssen. Auch sind einige Angler dazu übergegangen direkt am Deich nach seltenen Erden zu graben. „Das werden wir vor Ort sofort unterbinden“, so Lutz Peter, der 2. Vorsitzende des Vereines, der sich sofort nach Bekanntgabe der Funde, die Schürfrechte gesichert hatte.

Rolf Koch

Pressesprecher der deutschen Bergbaugesellschaft Lutz Peter AG und Presseredakteur der Emmerichenhainer Neusten Nachrichten ;-)

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